Wenn die Pollen wieder fliegen

Carl (12) ist gegen einige Baumpollen allergisch. Was aber löst Heuschnupfen genau aus?
Das und mehr klärt unser Kinderreporter im Interview mit Jana Witte, Oberärztin und Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie.

Carl: Was hat Heuschnupfen mit Heu zu tun?

Witte: Streng genommen nichts. Früher, so Anfang des 19. Jahrhunderts, beobachtete man, dass Menschen in der Nähe von Heu Schnupfen bekamen. Heute wissen wir, Verursacher sind die Pollen aus der Luft, die sich zum Teil noch im Heu befinden.

Wann ist der Heuschnupfen am stärksten? Und woran erkennen Sie ihn?

Haselnuss- und Erlenpollen fliegen ab Februar. Stark verbreitet ist Heuschnupfen im April, wenn Birkenpollen dazukommen. Im Sommer folgen Gräser und Kräuter. Aber nicht nur Pollen, auch Hausstaubmilben oder Tiere lösen Allergien aus – damit haben Menschen über das Jahr hinweg zu tun. Dann läuft die Nase, die Augen sind gerötet und jucken – einige Betroffene fühlen sich abgeschlagen.

Jana Witte
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Oberärztin Jana Witte ist Allergie-Expertin

Wie behandeln Sie Heuschnupfen bei Kindern und Erwachsenen?

Weil der Botenstoff Histamin die allergische Reaktion auslöst, hemmen wir diesen medikamentös. Das geht zum Beispiel mit Tabletten oder Nasenspray. Die Dosierung wird dem jeweiligen Alter der Betroffenen angepasst. Ein anderer Weg, über den wir die Ursache der Allergie, das überschießende Immunsystem behandeln, ist die Hyposensibilisierung.
Über drei Jahre werden täglich Tabletten oder vierwöchentlich Spritzen mit dem Allergen verabreicht. Der Körper gewöhnt sich an den für ihn harmlosen Stoff, die Beschwerden nehmen dann ab.

Kann Heuschnupfen auch Asthma auslösen?

Heuschnupfen ist eine allergische Reaktion der Nasenschleimhaut und betrifft nicht primär die Lunge. Aber die allergische Reaktion kann weiter nach unten im Körper wandern. Das ist möglich, weil die Nase über das Atemsystem und die Luftröhre mit den Bronchien verbunden ist. Wenn dann Schleimhäute anschwellen, wird die Luftröhre eng. Es kann zu asthmatypischen Schwierigkeiten beim Ausatmen, zu Luftnot und Hustenanfällen kommen. Heuschnupfen kann sich dann zu einem allergischen Asthma entwickeln.

Wie bekommt jemand Asthma und was macht die Erkrankung aus?

Meist wird uns die Veranlagung zu Asthma in die Wiege gelegt. Bestimmte Faktoren können einen Ausbruch der Erkrankung begünstigen. Dann zum Beispiel, wenn wir unter Allergien leiden, kalte Luft oder Tabak einatmen.

Wie behandelt man Luftnot?

Bei akuter Luftnot hilft es, die Bronchien zu erweitern, etwa mit Hilfe von Asthma-Sprays. Bei einer dauerhaften Erkrankung kann die regelmäßige Einnahme von Medikamente die Beschwerden lindern.

Was macht die Bronchien noch krank außer Asthma?

Das können beispielsweise Infekte sein wie durch das Corona-Virus ausgelöste Erkrankungen. Oder chronische Enzündungen der Bronchien – die kommen aber eher im Erwachsenenalter als bei Kindern vor.

Hat das Corona-Virus Heuschnupfen und Asthma verschlimmert?

Das ist eine gute Frage. Fest steht, dass Menschen während der Corona-Pandemie weniger zu Ärzt:innen gegangen sind. Das erhöht sicherlich die Gefahr, dass Erkrankungen chronisch werden.

Wie entstehen neue Therapien und Medikamente gegen Heuschnupfen?

Das ist ein langwieriger Prozess, bei dem wir uns anfangs viele Fragen stellen: Warum entsteht eine Erkrankung, welche Zellen spielen dabei eine Rolle, wo genau können wir eingreifen? Daraufhin führen wir eine Menge Tests und Untersuchungen in Laboren durch. Schließlich prüfen wir Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Menschen. Und am Ende müssen die zuständigen Behörden neue Verfahren erst noch zulassen.



Heuschnupfenzeit - das rät Expertin Jana Witte...

...den Kontakt mit Pollen minimieren
...in der Großstadt lieber morgens als abends lüften
...nach dem Aufenthalt im Freien die Kleidung wechseln
...die Haare vorm Schlafengehen waschen

Text: Kathrin Thomsen; Fotos: Axel Kirchhof

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